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Erschienen am
10.2.2013

Adhärenz in Zahlen: Digital rockt!

Susanne Rödel

Es gibt inzwischen eine Fülle von digitalen Angeboten, die Patienten zu mehr Therapietreue oder uns alle zu einer gesünderen Lebensweise motivieren wollen. Doch halten sie auch, was sie versprechen? Hier sind einige Projekt-Beispiele, für die bereits „Zahlen“ veröffentlicht wurden.

Es gibt inzwischen eine Fülle von digitalen Angeboten, die Patienten zu mehr Therapietreue oder uns alle zu einer gesünderen Lebensweise motivieren wollen. Doch halten sie auch, was sie versprechen? Hier sind einige Projekt-Beispiele, für die bereits „Zahlen“ veröffentlicht wurden:Communities: Erfahrungen und Wissen teilenDass der Austausch mit anderen Betroffenen in einer Online-Community sehr hilfreich sein kann, zeigt eine Umfrage unter Mitgliedern der Epilepsie Community (gesponsert durch UCB Pharma) auf www.patientslikeme.com, an der 221 Patienten teilnahmen (Alter 17-72 Jahre, Durchschnitt 40 Jahre, Standardabweichung 12 Jahre, 66 % Frauen). Die Ergebnisse:

  • Ÿ30 % kannten keine anderen Epilepsie-Patienten, bevor sie der Online-Community beitraten. Von diesen hatten nun 63 % Kontakt zu mindestens einem anderen Epilepsie-Patienten.

Die Patienten berichteten von folgendem Nutzen:

  • 59 % profitierten davon, einen anderen Patienten mit den gleichen Symptomen gefunden zu haben.
  • Ÿ58 % bekamen ein besseres Verständnis für ihre Anfälle.
  • Ÿ55 % wussten mehr über die Erkrankung (Symptome, Behandlung).
  • Ÿ27 % konnten ihre Adhärenz verbessern.
  • Ÿ27 % konnten besser mit Nebenwirkungen umgehen.
  • ŸJe mehr „Freunde“ die Patienten in der Community hatten, desto größer war der Nutzen!

Quelle: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1525505011005609[caption id="attachment_3344" align="aligncenter" width="500"]

ptslikeme_epilepsy_community

Die Startseite der Epilepsie Community[/caption]Reminder-App mit sozialer KontrolleDie App MediSafe geht über klassische Reminder-Apps hinaus. Hier werden zusätzlich andere (vorher festgelegte) Personen benachrichtigt, wenn das Medikament nicht eingenommen wurde. So kann z. B. der 80-jährige Rentner von seinen Kindern oder das Schulkind von seinen Eltern an die Einnahme erinnert werden.Unter den Nutzern von MediSafe wurde nach acht Wochen eine durchschnittliche Adhärenz-Rate von 81 % ermittelt. Bei den Nutzern, die Statine einnehmen, waren es sogar 84,25 %. Zum Vergleich: Die WHO schätzt die durchschnittliche Adhärenz-Rate bei chronischen Erkrankungen auf ca. 50 %. Im Capgemini-Report 9 wird für „kardiale Erkrankungen“ eine durchschnittliche Adhärenz-Rate von 61 % beschrieben.Quelle: http://www.bloomberg.com/article/2013-01-08/aA8q0LdR5Omw.html[caption id="attachment_4318" align="aligncenter" width="161"]

Die MediSafe-App

Die MediSafe-App[/caption]

Health Games: Spielend lernenBereits seit 2006 gibt es Re-Mission, ein „Shooter“, in dem die Spieler verschiedene Krebserkrankungen bekämpfen können. Das Spiel wurde wissenschaftlich evaluiert: In einer randomisierten Studie spielten die Hälfte der 375 Patienten im Alter von 13 bis 29 Jahren Re-Mission und die andere Hälfte ein anderes Computerspiel. Die objektiv gemessene Adhärenz hinsichtlich der Einnahme der Medikamente war in der Re-Mission-Gruppe signifikant besser als in der Kontrollgruppe (um 16 % für die Antibiotika, für die orale Chemotherapie wurden keine Prozentzahlen angegeben, aber der Unterschied war signifikant p = 0,002).Quelle: http://pediatrics.aappublications.org/content/122/2/e305.full.pdfGamification: Tracking und Wettbewerb kombiniert mit CommunitiesPrinzipien des Gaming werden auch für andere Angebote genutzt: Insbesondere im Bereich Fitness/gesundes Leben gibt es seit einiger Zeit immer mehr Anbieter, die beispielsweise körperliche Aktivität tracken (oder von den Nutzern selbst dokumentieren lassen), für die die Nutzer dann mit virtuellen Punkten belohnt werden. Diese können in der Online-Community genutzt werden, um Geschenke zu erhalten oder um einen Spiel-Charakter mit Stärke aufzuladen. Der Wettbewerb mit anderen Mitgliedern der Community spornt an.Einige Beispiele sind Zamzee (für Kinder, Jugendliche und Familien), Healthy Heroes (für alle, die gerne spielen) und Careverge, das nun Zensey heißt und derzeit überarbeitet wird (für Erwachsene). Zamzee berichtet, dass die teilnehmenden Kids sich während einer 6-monatigen Beobachtungszeit 59 % mehr bewegten, als Kinder, die nicht Zamzee nutzten. Übergewichtige Kinder (BMI >25) steigerten ihre Aktivität um 27 %, Mädchen um 103 %.Quelle: http://blog.zamzee.com/2012/09/26/new-research-shows-zamzee-increases-physical-activity-by-almost-60/Ähnlich funktioniert auch Keas, ein Gesundheits- und Anti-Stress-Programm, das Unternehmen mit Ihren Angestellten durchführen können. Die Auswertung einiger erster Projekte ergab, dass sich nach 100 Tagen 3- bis 4-mal so viele Angestellte gesund ernährten und ausreichend bewegten als vor der Intervention. Etwa ein Drittel der Angestellten nahmen durchschnittlich 1 Pfund pro Woche ab. Publikation: http://online.liebertpub.com/doi/pdfplus/10.1089/g4h.2012.0020Fazit: Die beschriebenen Adhärenz-Steigerungen sind vergleichbar mit den Erfolgen, die von verschiedenen Offline-Maßnahmen zur Patienteninformation und -schulung berichtet werden: Diese liegen in der Größenordnung von 10 bis 30 % (NEHI, 2009). Digitale Angebote können daher sicher einen Beitrag zur Verbesserung der Adhärenz chronisch erkrankter Patienten leisten. Viele Patientenbetreuungsprogramme kombinieren bereits Offline- und Online-Maßnahmen.Letztlich muss man für die Planung jeder Adhärenz-fördernden Maßnahme ein wichtiges Grundprinzip beachten, damit sie auch Wirkung entfaltet: „Jeder Jeck is anders“ – das ist die kölsche Variante der Erkenntnis „Treffen Sie die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe!“ Sowohl bei der Auswahl als auch bei der Gestaltung der Tools muss man sich überlegen, was für die Anwender wirklich sinnvoll ist (idealerweise lässt man sich von Betroffenen und Behandelnden beraten).

Susanne Rödel

Susanne Rödel

arbeitet als Medical Director bei Spirit Link. Sie ist Expertin für die Konzeption und Redaktion medizinischer Inhalte. Sie ist überzeugt: Hochwertige Inhalte – fachlich fundiert und zielgruppengerecht aufbereitet – sind ein zentrales Erfolgskriterium für die Kommunikation mit Ärzten und Patienten. Großes Potenzial sieht sie in digitalen Maßnahmen zur Förderung der Therapietreue der Patienten (Adhärenz).

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Dr. med.
Susanne Rödel

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Susanna erhielt im Oktober 2015 mit 28 Jahren die Diagnose Darmkrebs und wurde nur zwei Monate später als Palliativpatientin eingestuft. Nach einer Immuntherapie im darauffolgenden Jahr ist ihr gesundheitlicher Zustand heute stabil. Als Bloggerin mit dem Namen „Krebskriegerin“ teilt sie ihre Erfahrungen.

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